myheimat 12.03.2025

 
Kina Yakimova über ihr Leben nach einer Sepsis
 
"Ich bin Mutmacherin - Ich begeistere, ich motiviere, ich verändere!"


Es gibt Telefonate, die lange nachwirken. Auch nachdem der Bildschirm dunkel wurde, bleibt das Gehörte lebendig. So erging es mir nach meinem Gespräch mit Kina Yakimova. Wir sprachen über ihre Gemälde auf der Online-Kunstgalerie von myheimat. Nur beiläufig erwähnte sie, warum sie keine neuen Werke mehr einstellt. Ihre Geschichte bewegte mich so sehr, dass wir uns zu einem Interview verabredeten.
 

Ramona Nahirni-Vogg: "Schön, dass wir heute mehr über Sie erfahren dürfen. Nehmen Sie unsere Leserinnen und Leser bitte von Anfang an mit und stellen sich kurz vor."

Kina Yakimova: "Ich bin eine lebensfrohe Mama von drei Kindern aus Augsburg, 47 Jahre alt. Ich würde mich als einfühlsam, geduldig, geerdet und herzlich beschreiben. Schon immer wusste ich, dass die Arbeit mit Menschen meine Berufung ist.

Mehr als 20 Jahre lang war ich im Vertrieb tätig und konnte vielen Leuten helfen, die ihre Lebensqualität verbessern wollten, aber nicht wussten, wo sie anfangen sollten. Deshalb entschied ich mich für eine Weiterbildung zur psychologischen Beraterin und Life Coach. Diese Erfahrung half mir nicht nur bei meiner eigenen Entwicklung, sondern befähigte mich auch, andere besser zu verstehen und zu unterstützen.

Nach meiner Elternzeit begann ich in einem Golfgeschäft zu arbeiten – eine perfekte Ergänzung zu meinem Hobby. Ich spielte Golf, und die Menschen, die ich auf dem Platz traf, waren oft dieselben, die ins Geschäft kamen. Mein Leben verlief in harmonischen Bahnen.

Doch das Universum hatte andere Pläne. Im Juli 2023 erlitt ich eine Sepsis.

Man hört oft von diesen erschütternden Geschichten, in denen gesunde Menschen plötzlich schwer erkranken und ihr Leben auf den Kopf gestellt wird. Man glaubt nie, dass so etwas im eigenen Umfeld passieren kann – bis es einen selbst trifft.

Ich infizierte mich mit Streptokokken, die normalerweise nur Halsschmerzen oder Fieber auslösen. Doch bei mir führte die Infektion zu schweren Komplikationen. Ich lag sechs Wochen auf der Intensivstation, die ersten zwei Wochen davon im künstlichen Koma. Mein Überleben war ungewiss.

Als Folge der Sepsis verlor ich beide Beine und meinen rechten Arm. Zudem kämpfte ich gegen eine Blutvergiftung, eine Lungenentzündung mit hohem Fieber und ein Nierenversagen.

Nach sechs Wochen wurde ich in eine Fachklinik verlegt, wo ich mit Prothesen laufen lernte. Seit einigen Monaten bin ich wieder zu Hause und arbeite daran, meinen Alltag mit den Prothesen zu meistern. Mein Leben hat sich grundlegend verändert, privat wie beruflich. Ich versuche, mein Umfeld so anzupassen, dass ich wieder am gesellschaftlichen Alltag teilnehmen kann.

Doch ich kämpfe. Ich gebe nicht auf. Ich will mir mein Leben zurückholen. Eine Behinderung bedeutet nicht das Ende."
 

Nahirni-Vogg: "Wie sind Sie mit Ihrer Diagnose umgegangen? Was hat Ihnen Mut gegeben?"

Yakimova: "Nachdem ich zwei Wochen im künstlichen Koma gelegen hatte, wachte ich auf. Alle waren besorgt, wie ich reagieren würde, und trauten sich nicht, mir die Wahrheit zu sagen. Schließlich bat ich eine Ärztin um Aufklärung, und sie erzählte mir mutig die ganze Wahrheit: 'Sie hatten eine Sepsis. Wir haben Ihr Leben gerettet, aber wir mussten beide Unterschenkel und Ihren rechten Oberarm amputieren.'

Ich fragte: 'Wenn ich Sie richtig verstehe, beide Unterschenkel und den rechten Oberarm? Und mein linker Arm?'

Sie antwortete: 'Der linke Arm ist gesund.'

Ich schloss die Augen und sagte voller Dankbarkeit: 'Wenn Gott entschieden hat, dass ich so weiterleben soll, dann werde ich es tun.'

Es gab keinen Moment des Zweifels oder Bedauerns. Ich war dankbar, am Leben zu sein, meine Familie sehen zu können. Die Worte eines Arztes begleiten mich bis heute: 'Kina, du bist für dein Leben verantwortlich. Dein Leben gehört nur dir.' Diese Klarheit gab mir die Kraft, meinen Weg weiterzugehen."
 

Nahirni-Vogg: "Wie haben Sie Ihren Kindern erklärt, was geschehen ist?"

Yakimova: "Meine beiden älteren Kinder waren bereits an meiner Seite, als ich aufwachte. Ihre Liebe war meine Kraftquelle. Mein jüngstes Kind traf ich erst zwei Monate nach der Amputation. Mein Mann, meine Psychologin und ich bereiteten dieses Treffen sorgfältig vor.

Meine Tochter reagierte voller Neugier, Offenheit und Leichtigkeit. Sie fragte einfach: 'Wo sind deine Beine?'

Ich antwortete: 'Sie sind im Himmel, aber jetzt habe ich Prothesen. Also können wir wieder zusammen auf den Spielplatz gehen.'

Sie nimmt meine neue Realität mit kindlicher Selbstverständlichkeit an. Wenn sie bemerkt, dass Menschen mich anstarren, sagt sie mit einem Lächeln: 'Es ist egal, ob Mama Prothesen hat. Wichtig ist, dass wir spazieren gehen können.'

Diese kindliche Weisheit lehrt mich, dass das Leben mit Leichtigkeit und Freude einfacher wird."
 

Nahirni-Vogg: "Was wünschen Sie sich als Mutmacherin für die Gesellschaft?"

Yakimova: "Durch meine psychologische Beratung, meine Vorträge, mein Buch und meine Projekte möchte ich zeigen, dass Hoffnung niemals verloren geht. Ich wünsche mir, dass Menschen erkennen, wie kostbar das Leben ist. Wir sollten dankbar für das sein, was wir haben, und das Leben in vollen Zügen schätzen.

Das Leben ist kurz, aber wunderschön. Wir allein entscheiden, welchen Sinn wir ihm geben. Bedingungslose Liebe und das Geben ohne Erwartung sind der Schlüssel. Niemand ist allein."
 

Nahirni-Vogg: "Wie überzeugen Sie Skeptiker und Menschen, die ihren Mut verloren haben?"

Yakimova: "Nur durch das persönliche Beispiel. Menschen müssen lernen, das, was ihnen widerfahren ist, als Segen zu sehen. Ich helfe ihnen, Klarheit zu gewinnen, Entschlossenheit zu entwickeln und ihr Denken, Fühlen und Handeln bewusst zu steuern.

Ich bin ein lebendiges Beispiel dafür, dass das Leben nach schweren Schicksalsschlägen weitergehen kann – voller Liebe, Frieden und Freude. Ich habe meine Gliedmaßen verloren, aber nicht meinen Mut.

Ich begeistere, ich motiviere, ich verändere!"
 

Nahirni-Vogg: "Vielen Dank für Ihre Offenheit und die inspirierenden Worte. Wir sind sicher, dass Sie unseren Leserinnen und Lesern viel positive Energie geschenkt haben."

Quellehttps://www.myheimat.de/augsburg/c-kultur/ich-bin-mutmacherin-ich-begeistere-ich-motiviere-ich-veraendere_a3546990
 

myheimat-Team:
Ramona Nahirni-Vogg

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